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28.11.2022

EU-Taxonomie, NFRD, CSRD, SFDR und ESG-Offenlegung - Die Flut an Nachhaltigkeits-anforderungen für Finanzinstitute

Das Thema Nachhaltigkeit (oder englisch: Sustainability) gewann in den letzten Jahren über alle Gesellschaftsbereiche hinweg kontinuierlich an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund haben auch die Gesetzgeber auf nationaler und europäischer Ebene Handlungsbedarfe erkannt und diesbezüglich eine Vielzahl an ESG-Regularien erlassen. Ziel der Gesetzgebung ist es, einen Beitrag hin zu einer nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung zu leisten. Für die betroffenen Unternehmen bedeutet das neue und zusätzliche Anforderungen, die zeitnah umgesetzt werden müssen. Erschwert wird die Situation zum einen durch den Umfang und die Vielzahl an Regularien und zum anderen durch die enge Verwobenheit der Anforderungen untereinander.

Insbesondere aufgrund der Interdependenzen der neuen Anforderungen, fällt es vielen Instituten schwer, die Übersicht zu behalten und einzelne Bereiche klar abgrenzen zu können.

In diesem Blogbeitrag zeigen wir Ihnen, wie Sie die wesentlichen Handlungsfelder für Finanzinstitute identifizieren und bestehende Verflechtungen und Unterschiede erkennen.

SFF

Zu Beginn macht es Sinn, sich die einzelnen Regularien (EU-Taxonomie, NFRD, SFDR) als Bausteine vorzustellen, die zusammen das Sustainable Finance Framework (SFF) der EU bilden.

Die EU-Taxonomie Verordnung

Einer der zentralen Bausteine stellt die EU-Taxonomie Verordnung dar, welche im Juli 2020 in Kraft trat. Die EU-Taxonomie definiert Kriterien anhand derer die Nachhaltigkeit von Wirtschaftsaktivitäten bewertet wird. Ergänzt werden diese allgemeinen Regeln um zwei delegierte Rechtsakte. Die beiden Verordnungen führen insbesondere die technischen Bewertungskriterien und die Offenlegungspflichten näher aus. Insgesamt zeichnet sich die Taxonomie durch ihre dynamische Struktur aus, mit dem Ziel die Anforderungen stetig an aktuelle Gegebenheiten anpassen zu können.    

Umgesetzt werden soll die EU-Taxonomie durch die Institutionen, die nach Einschätzung der EU den größten Einfluss auf eine nachhaltige Entwicklung haben. Berichtspflichtig sind demnach folgende Institutionen:

  • EU-Mitgliedstaaten und die EU selbst
  • Unternehmen von öffentlichem Interesse, die bereits der NFRD-Berichtspflicht unterliegen.
  • Finanzmarktteilnehmer, die Finanzprodukte gemäß Art. 2 Nr. 12 der Offenlegungs-Verordnung bereitstellen (SFDR)

Banken und Versicherungen werden durch die letzten beiden Punkte inkludiert. Die Regularien NFRD und SFDR werden im Verlauf des Blogs genauer erläutert.

Die Umsetzung der Taxonomie-Anforderungen erfolgt in zwei Phasen. Die erste Phase startete bereits zum ersten Januar 2022. Welche Berichtspflichten zu erfüllen sind, hängt davon ab, ob das betroffene Unternehmen ein Finanzunternehmen oder ein Nicht-Finanzunternehmen ist. Häufig wird dieser Punkt nicht ausreichend klar dargestellt, was wiederum die Ursache vieler Unklarheiten ist. Nachfolgend werden die für Finanzunternehmen geltenden Offenlegungsanforderungen beschrieben:

  • Anteil der Risikopositionen an taxonomiefähigen und nicht taxonomiefähigen Wirtschaftstätigkeiten im Verhältnis zu den gesamten Aktiva (quantitative Leistungsindikatoren)
    • Eine taxonomiefähige Risikoposition im Sinne einer Bank, könnte bspw. ein Kredit an ein NFRD-berichtpflichtiges Unternehmen zur Finanzierung einer der festgelegten Wirtschaftsaktivitäten sein
  • Folgende Positionen dürfen nicht in die Ermittlung der quantitativen Leistungsindikatoren einbezogen werden und müssen separat offengelegt werden:
    • Anteil der Risikopositionen gegenüber supranationalen Emittenten, Zentralbanken und Staaten an den gesamten Aktiva, inklusive des Anteils der Risikopositionen in Derivaten
    • Anteil der Risikopositionen gegenüber Unternehmen, die nicht zur Veröffentlichung nicht finanzieller Informationen verpflichtet sind
  • Darüber hinaus werden weitere qualitative Angaben gefordert. Durch die Bereitstellung weiterer Hintergrundinformationen zu den Aktivpositionen, die in die Leistungsindikatoren einfließen, soll ein zusätzliches Maß an Transparenz geschaffen werden

Die zweite Stufe der Offenlegung beginnt für Finanzinstitute ab dem ersten Januar 2024. Folgende Informationen müssen in der zweiten Stufe veröffentlicht werden:

  • Beurteilung der Risikopositionen an den Gesamtaktiva bezüglich Taxonomiekonformität (bislang nur Ausweis der taxonomiefähigen Positionen) 
  • Der Grad der Taxonomiekonformität wird anhand definierter KPIs wie bspw. verschiedener Green Asset Ratios beschrieben

NFRD

Die Non Financial Reporting Directive

Die Non Financial Reporting Directive (NFRD) wurde zunächst als europäische Richtlinie entwickelt. 2017 wurde die Richtlinie in deutsches Recht überführt und befindet sich seit 2018 unter dem Namen CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz in Anwendung. Die NFRD regelt insbesondere, wie betroffene Unternehmen nichtfinanzielle Informationen und Informationen bezüglich der Diversität veröffentlichen müssen. Betroffen sind große Unternehmen, die im Interesse der Öffentlichkeit stehen. Dazu zählen:

  • Börsennotierte Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern
  • Banken
  • Versicherungen
  • Weitere Unternehmen, die von den Mitgliedsstaaten der EU als Unternehmen von öffentlichem Interesse bestimmt werden

Ab 2024 wird die NFRD-Richtlinie durch die europaweite CSRD-Richtlinie ersetzt und erweitert. Ziel ist es, einen europaweit einheitlichen Standard für die nichtfinanzielle Berichterstattung zu implementieren. Mit der Erweiterung vergrößert sich nicht nur der Kreis der betroffenen Unternehmen, sondern auch die Berichtspflichten. Die Einführung der CSRD erfolgt ebenfalls stufenweise und ist nach aktuellem Stand wie folgt gestaffelt:

  • Ab Januar 2024 für bereits NFRD-berichtspflichtige Unternehmen
  • Ab Januar 2025 für große Unternehmen, die bislang nicht unter NFRD-Berichtpflicht fallen. Als großes Unternehmen zählen diejenigen, die zwei der drei folgenden Kriterien erfüllen:
    • Bilanzsumme > 20 Mio. Euro
    • Nettoumsatzerlöse > 40 Mio. Euro
    • Mindestens 250 Mitarbeiter
  • Ab Januar 2026 für börsennotierte KMU‘s und auch kleinere Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen

Die EU-Taxonomie und NRFD sind demnach in zwei Bereichen miteinander verbunden. Zum einen sind NFRD-berichtpflichtige Unternehmen dazu verpflichtet die Anforderungen aus der EU-Taxonomie zu erfüllen. Zum anderen werden die Inhalte aus der EU-Taxonomie zusammen mit den NFRD-Anforderungen gemeinsam im nichtfinanziellen Teil des Jahresabschlusses ausgewiesen. Ab 2024 gelten die zuvor beschriebenen Abhängigkeiten zwischen EU-Taxonomie und NFRD für die EU-Taxonomie und die CSRD.

SFDR

Die Sustainable Finance Disclosure Regulation

Neben der NFRD/CSRD-Richtlinie bildet die SFDR die dritte Säule des Sustainable Finance Framework der EU. Beschlossen wurde die Richtlinie 2019. Die daraus resultierenden Berichtspflichten wurden ab 2021 stufenweise bis 2023 eingeführt. 

Die Richtlinie betrifft die Finanzinstitute, die Finanzprodukte entwickeln und anbieten. Durch die SFDR sind Finanzinstitute dazu verpflichtet offenzulegen, welche negativen Nachhaltigkeitsauswirkungen mit den Finanzprodukten verbunden sind und inwiefern Nachhaltigkeitsfaktoren bei der Entwicklung berücksichtigt wurden.

Die Offenlegung dieser Informationen betrifft insbesondere sogenannte ESG-Finanzprodukte. ESG-Finanzprodukte zeichnen sich dadurch aus, dass mit ihnen entweder eine nachhaltige Investition angestrebt wird, oder aktiv ökologische bzw. soziale   Aspekte des Finanzproduktes beworben werden.

Ab 2023 müssen auch die Nachhaltigkeitsauswirkungen von Nicht-ESG-Finanzprodukten publiziert werden. Die geforderten Berichtsinhalte müssen sowohl auf Produkt- als auch auf Unternehmensebene erhoben werden und auf der Internetseite des Anbieters und in den vorvertraglichen Informationen der Finanzprodukte veröffentlicht werden. 

Der Zusammenhang zwischen der EU-Taxonomie und der SFDR besteht darin, dass Finanzinstitute, für SFDR-relevante Finanzprodukte, den nachhaltigen Anteil des Gesamtinvestments offenlegen müssen. Die Offenlegung erfolgt dabei wiederum über die Kriterien der EU-Taxonomie.

ESG-Offenlegung

ESG-Offenlegungsvorschriften aus der 7. Novelle der MaRisk

Mit der 7. Novelle der MaRisk-Anforderungen der BaFin und der deutschen Bundesbank kommen weitere ESG-Anforderungen auf deutsche Finanzinstitute zu. Die Bezeichnung „ESG-Offenlegungsverordnung“ an sich mag einer der Gründe sein, weshalb es häufig zu Verwechslungen zu den ähnlich lautenden Regularien auf EU-Ebene kommt.

Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, zwischen den Offenlegungsvorschriften auf EU-Ebene (EU-Taxonomie, NFRD/CSRD und SFDR) und den neuen Anforderungen an das Risikomanagement (ESG-Offenlegungsverodnung durch die 7. Novelle) auf nationaler Ebene durch die BaFin zu unterscheiden. Zwar bedient sich die ESG-Offenlegungsverordnung an den Definitionen und Klassifizierungssystemen aus der EU-Taxonomie, bildet aber einen eigenen Anforderungsbereich.

Die MaRisk Novelle legt den Fokus darauf, die Qualität und Leistungsfähigkeit des bankeninternen Risikomanagements zu verbessern, in dem in Zukunft auch ESG-Faktoren in die Risikobeurteilung einbezogen werden müssen.

Die Offenlegungsvorschriften des Sustainable Finance Frameworks haben das Ziel, die Kapitalströme in nachhaltige Investitionen zu leiten, um somit einen wesentlichen Beitrag für eine nachhaltige Entwicklung zu leisten. Erreicht werden soll dieses Ziel durch die hohen Transparenzanforderungen, die wiederum durch nachhaltig agierende Share- und Stakeholder in ihren Investitionsentscheidungen berücksichtigt werden.

 

Fazit

Abschließend lässt sich zusammenfassen, dass in jedem der vier Bereiche (EU-Taxonomie Verordnung, NFRD, SFDR und ESG-Offenlegungsvorschriften aus der 7. Novelle der MaRisk) Handlungsfelder skizziert und vorgegeben werden, die durch deutsche Finanzinstitute umgesetzt werden müssen. Eine klare Abgrenzung der einzelnen Regularien ist insbesondere innerhalb des Sustainable Finance Framework schlichtweg nicht möglich. Umso wichtiger ist es, die Anforderungen aus den einzelnen Bereichen, inklusive der Schnittstellen zwischen den Regularien, zu verstehen. Dieses Verständnis bildet die Grundlage für die Nachhaltigkeitsstrategie Ihres Institutes. Nur durch Einbezug aller Facetten können effiziente Reporting- und Risikomanagement-Prozesse entwickelt und implementiert werden, die es Ihnen ermöglichen die gestellten Anforderungen effizient umzusetzen. Zögern Sie nicht und sprechen Sie uns jederzeit mit Ihren Anliegen an.