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25.03.2021

Mehr als nur die Umsetzung des OZG: Wie finden öffentliche Verwaltungen einen Weg aus dem Digitalisierungsdschungel?

Die Corona Krise hat vorhandene Defizite und den Handlungsbedarf in der Verwaltungsdigitalisierung erneut drastisch aufgezeigt. Im Fokus der Kritik stehen vor allem Schulen und Gesundheitsämter – die dort herrschenden Zustände sind jedoch repräsentativ für viele weitere öffentliche Einrichtungen. Wie viele andere Branchen steht auch die öffentliche Verwaltung vor der Herausforderung einer nutzerorientierten, effizienten und innovativen Digitalisierung. Unternehmern, Managern und Entscheidungsträgern der öffentlichen Verwaltung ist klar, sie müssen einen Weg aus dem Digitalisierungsdickicht finden.

Die erfolgreiche Umsetzung von Gesetzgebungen zur Verwaltungsdigitalisierung treibt die digitale Transformation als wesentlichen Baustein an. Welche weiteren Bausteine gibt es und welche Rolle spielen die Prozesse in der Verwaltung? Wie wichtig sind der Datenfluss und Technologien wie künstliche Intelligenz (KI) auf dem Weg zum Smart Government?

Gesetzgebungen als ein Baustein der Verwaltungsdigitalisierung – OZG und EGovG

Digitale Services sind auf allen Verwaltungsebenen in einer Vielzahl von bundes- und landesgesetzlichen Regelungen eingebunden. Wichtige Vorgaben sind hierbei EU-Verordnungen, das Online-Zugangsgesetz (OZG) oder die E-Government-Gesetze (EGovG) der Länder bzw. des Bundes.

Im Rahmen des OZG müssen bis Ende 2022 ca. 575 Verwaltungsdienstleistungsbündel digital angeboten werden, 460 entfallen dabei auf die Bundesländer und Kommunen.

In Digitalisierungslaboren werden Prozesslösungen erarbeitet, die allen Akteuren zu Gute kommen sollen. Auch die Landes- und Kommunal-IT-Dienstleister arbeiten nach diesem Prinzip. Das Ergebnis ist jedoch sehr unterschiedlich zwischen den Ländern. Die Zielerreichung bis 2022 scheint ambitioniert. Nur auf fertige Lösungen warten einige Verwaltungen nicht. Ganz im Gegenteil, so schließen sich beispielsweise große Kreisstädte zusammen, um Prozesse nach dem Public-Service-Prinzip selbst zu digitalisieren.

Die E-Government-Gesetzte der Länder schaffen die Grundlage für eine OZG-Umsetzung, indem sie Themen, wie digitale Verwaltungsprozesse, Bezahlvorgänge und Aktenführung adressieren. Sie variieren in der Ausgestaltung und Fristsetzung aber enorm. Deswegen fanden und finden Novellierungen statt. NRW weitet beispielsweise den Geltungsbereich auf alle Schulen, Hochschulen und nahezu alle Landesverwaltungen aus.

Weitere Bausteine der Verwaltungsdigitalisierung – Prozesse, Daten und Technologie

Die reine Umsetzung der rechtlichen Vorgaben, wie das OZG und die E-Government-Gesetze, ist längst nicht alles. Im Rahmen der Verwaltungsdigitalisierung kann zwischen drei Ebenen unterschieden werden:

  • „Zugang“  (Wie wird der Kontakt zum Bürger und zu Unternehmen realisiert? Welche Services werden zur Verfügung gestellt?)
  • „Prozesse“ (Wie werden Vorgänge bearbeitet und was passiert in den Systemen innerhalb der Verwaltung?)
  • „Daten“ (Wie werden Daten/Informationen sicher gespeichert, transportiert und geteilt? Wie werden Daten analysiert und neue datengetriebene Services entwickelt?)

Die Tabelle zeigt die Zielsetzungen auf allen drei Ebenen. Ein genauerer Blick in die Verwaltung im Jahr 2021 verdeutlicht, dass diese noch weit davon entfernt ist, die Potenziale einer sinnvollen Digitalisierung und Automatisierung auszuschöpfen.

Quelle: Eigene Darstellung

Zugang

Auf der Ebene „Zugang“ sind traditionelle Kontaktkanäle wie Telefon, Brief und persönliche Vorsprache aktuell noch vorherrschend. Die Zielerreichung bei der OZG-Umsetzung bis 2022 ist ein wichtiger erster Schritt zur Realisierung von interoperablen Verwaltungsportalen mit Nutzerkonten und einer Dateneingabe nach dem Once-Only-Prinzip. Das Ausfüllen von Online-Formularen spielt zwar eine Digitalisierung vor – spätestens beim Blick auf die zweite Ebene „Prozesse“ und dritte Ebene „Daten“ wird aber deutlich, dass wir noch weit davon entfernt sind, die Potenziale einer sinnvollen Digitalisierung und Automatisierung auszuschöpfen.

Prozesse

Das Dokument ist das vorherrschende Paradigma – ein reiner Datensatz noch die Ausnahme. Die ausgefüllten Formulare werden oft ausgedruckt oder als PDF-Dokument weitergeleitet. In beiden Fällen erfolgt eine manuelle Dateneingabe. Eine fragmentierte Systemlandschaft mit vielen verschiedenen Fachanwendungen sind keine Seltenheit. Die Insellösung ist eher die Regel als die Ausnahme.

Dies führt auf Prozessebene und damit in der Vorgangsbearbeitung zu massiven und kurzfristig nur schwer abbaubaren Ineffizienzen, wie Medienbrüchen und Schnittstellenproblematiken.

In der Realität existieren Prozesse über alle Reifegrade hinweg. Sehr innovative oder öffentlichkeitswirksame Prozesse sind schon digitalisiert oder sogar automatisiert, während andere Abläufe teildigitalisiert oder noch analog ausgestaltet sind.

KIs halten in der Verwaltung Einzug: Vom einfachen Chatbot bis zu Textklassifizierung auf Basis von Deep Learning. Durch eine KI sind Prozessschritte automatisierbar und generieren eine signifikante Entlastung bei Routineaufgabe.

Als Beispiel können hierbei Scheer PAS und Scheer.ai genannt werden. Mit der Automatisierung der Plausibilitätsprüfung setzt beispielsweise die Polizei im Saarland einen wichtigen Impuls für die erfolgreiche Fortführung der digitalen Transformation. Durch den Einsatz der Integrationsplattform Scheer PAS werden hochqualifizierte Mitarbeiter von zeit- und kostenintensiven Routinetätigkeiten befreit. Sie haben mehr Zeit für Ihre Kernaufgaben. Der Prüfaufwand bei Unfallhergängen lässt sich dabei um 80% reduzieren.

Solche Verfahren können in Verwaltungen über alle Ebenen hinweg, zum Beispiel bei der Antragsprüfung, eingesetzt werden. Dabei ist der Einsatz in großen Stadtverwaltungen oder auch in Stadtverbünden denkbar.

Daten

Ein reibungsloser Datenaustausch zwischen Verwaltung und weiteren Partnern des digitalen Ökosystems ist grundlegend.  Eine vernetzte Dateninfrastruktur unterstützt dieses Anliegen. Mit GAIA-X entwickeln Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik auf europäischer Ebene zurzeit einen Vorschlag zur Gestaltung einer europäischen Dateninfrastruktur. In einem offenen und transparenten digitalen Ökosystem sollen Daten und Dienste verfügbar gemacht, zusammengeführt, vertrauensvoll geteilt und genutzt werden können.

So hat GAIA-X das Potential Datensilos komplett zu eliminieren und durch eine niedrige Eintrittsbarriere für Unternehmen und Start-ups Services zu generieren, die in Verwaltungen auf allen Ebenen eingesetzt werden können.

Fazit

Für eine erfolgreiche Verwaltungsdigitalisierung ist die gelungene Umsetzung der Gesetzgebungen zur Verwaltungsdigitalisierung (OZG und EGovG) ein wesentlicher Baustein. Eine Verwaltung kann diese allerdings weitgehend umgesetzt haben und gleichzeitig weiter fleißig Papier durch das Amt schubsen – und ist zudem noch weit weg von einer Smart City.

An dieser Stelle ist für eine erweiterte „Digitale Readiness“ zu plädieren, die auch das digitale Ökosystem, die E2E-Prozesse in der Verwaltung selbst, die Datenflüsse und die Nutzung neuer Technologien, wie KI, schrittweise miteinbeziehen. Gesetzlichen Regelungen wie OZG sind nur die Spitze des Eisbergs, darunter liegt weitaus mehr.